Tunnel darf gebaut werden

Enttäuschung bei Naturschützern, Freude bei Befürworten des umstrittenen Baus eines Ostseetunnels nach Dänemark. Etwas überraschend hat das Bundesverwaltungsgericht am Dienstag alle sechs verbliebenen Klagen gegen das Milliardenprojekt abgewiesen. Damit existiert nun auch auf deutscher Seite Baurecht für den geplanten 18 Kilometer langen Tunnel von Fehmarn zur dänischen Insel Lolland. Ab 2029 soll die feste Fehmarnbeltquerung die Fahrzeit für Autos, Lkw und Züge nach Kopenhagen verkürzen.

Eine weitere Klage eines Landwirts wurde kurz vor der Urteilsverkündung für erledigt erklärt. Der Naturschutzbund Nabu, ein Aktionsbündnis, mehrere Fährunternehmen sowie die Stadt Fehmarn hatten sich gegen das Vorhaben gewandt. Sie zweifelten die Verkehrsprognosen für den Eisenbahn- und Autotunnel an und fürchteten gravierende Umweltauswirkungen, etwa auf Schweinswale, Miesmuscheln und Eiderenten.
Die Einwände überzeugten die Bundesrichter allerdings nicht. Dem Bauvorhaben fehle es nicht an einer Planrechtfertigung, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Bier in der Urteilsbegründung (Az.: BVerwG 9 A 7.19 u.a.). Deutschland und Dänemark hatten sich in einem Staatsvertrag auf das Projekt verständigt. Damit sei der Bedarf für den Tunnel gesetzlich geregelt - auch wenn dort sehr viel weniger Autos fahren werden als normalerweise auf deutschen Autobahnen. Die Kritiker hatten die Trasse als überdimensioniert eingestuft.

Der Nabu sprach nach dem Urteil von einem schwarzen Tag für Schweinswal und Meeresumwelt. «Wir sind erstmal enttäuscht, dass das Gericht unseren Sorgen um den Schutz von Ostsee, von Schweinswalen und von Meeresenten nicht gefolgt ist», sagte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Bedenken der Naturschützer seien quasi weggewischt worden.
In einem Punkt müssen die Planer laut Gericht allerdings nachbessern. Nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses waren im Bereich der Trasse Riffe entdeckt worden, die als Biotope streng geschützt sind und nicht zerstört werden dürfen. Hier muss in einem ergänzenden Verfahren nun geklärt werden, wie das Problem nachträglich gelöst werden kann. «Die Fehler, die da gemacht worden sind, müssen bereinigt werden», sagte Krüger. «Wir hoffen, dass die Planungsträger damit sehr ernsthaft umgehen.»

Freude über die «glückliche Entscheidung» der Bundesrichter herrschte dagegen aufseiten der Befürworter. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte: «Die Fehmarnbelt-Querung wird Europa näher zusammenbringen. Sie sorgt für einen leistungsfähigen grenzüberschreitenden Verkehr auf Straße und Schiene. Das Urteil zeigt, dass wir Großprojekte im Einklang mit Umwelt- und Landschaftsschutz voranbringen können.»

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sagte, «das Urteil stellt die Weichen dafür, die boomenden Regionen Kopenhagen-Malmö und Hamburg dichter zusammenrücken zu lassen». Kein vergleichbares Projekt sei so intensiv und umfangreich untersucht worden. Der Kieler Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) sprach von einem «Meilenstein für die Infrastrukturplanung in Deutschland». Das Bundesverwaltungsgericht habe deutlich gemacht, dass es bei solchen Planungen nicht nötig sei, «quasi wissenschaftlich in die Forschung» zu gehen.

Buchholz kündigte bereits an, in den nächsten Monaten mit seinem dänischen Kollegen Benny Engelbrecht einen symbolischen Spatenstich auf deutscher Seite zu planen. «Wir haben das Baurecht für die feste Fehmarnbelt-Querung und können loslegen.» Engelbrecht schrieb auf Twitter von einem guten Tag für die dänisch-deutschen Beziehungen und das EU-Ziel, Güter von der Straße auf die Schiene zu bringen.
Die Unternehmensverbände im Norden (UVNord) sprachen von einem «Jahrhundertbauwerk über den Fehmarnbelt». Die norddeutsche Wirtschaft warte seit Jahrzehnten sehnsüchtig darauf, sagte UVNord-Präsident Uli Wachholtz. «Skandinavien kommt ein gutes Stück näher- ein guter Tag für den gesamten Norden!»

Die dänische Projektgesellschaft Femern A/S kündigte einen baldigen Baubeginn an. «Das Gericht hat alle Klagen abgewiesen, das heißt, wir dürfen sofort in Deutschland beginnen.» Ab Januar werde eine Fabrik für die Tunnelelemente in Dänemark errichtet. Achteinhalb Jahre später solle der Tunnel fertig sein, dessen Elemente auf den Meeresboden abgesenkt werden.

Im Nachbarland besteht schon seit 2015 Baurecht. Dänemark wird den Tunnel auf eigene Kosten von geschätzt 7,1 Milliarden Euro bauen und betreiben. Deutschland muss für die Kosten der Straßen- und Schienenanbindung auf schleswig-holsteinischer Seite in Höhe von 3,5 Milliarden Euro aufkommen. Darin enthalten ist ein Risikopuffer von 1,1 Milliarden Euro. Die deutsche Hinterlandanbindung ist Gegenstand gesonderter Genehmigungsverfahren. Mehrere Gemeinden verlangen einen besseren Lärmschutz.

Bauvorbereitungen starten am Montag in Hamburg

Die Bauvorbereitungen für die neue S-Bahn-Linie S4 (Ost) zwischen Hamburg-Altona und Bad Oldesloe starten an diesem Montag. Das Bundesverwaltungsgericht habe grünes Licht für diese Arbeiten gegeben, teilte die Deutsche Bahn am Freitag mit. Vier Eilanträge gegen den Planfeststellungsbeschluss seien abgelehnt worden.

Das sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Mobilitätswende, sagte Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne). «Wir wollen mit der Deutschen Bahn nun möglichst schnell in die Umsetzung gehen, denn mit der S4 binden wir perspektivisch knapp eine Viertelmillion Menschen im Osten Hamburgs und im Umland viel besser an das System Schiene an.» Zum Start ist ein Vegetations-Rückschnitt im Bereich Hammer Straße und Hasselbrook geplant. Nach Angaben der Bahn soll der tatsächliche Baustart erst 2021 sein.
Mit der S4 (Ost) werden entlang der bestehenden Bahntrasse neue Gleise gebaut und so der Fern-, Nah- und Regionalverkehr entmischt, der von Hamburg in Richtung Lübeck bislang auf den gleichen Gleisen verläuft. Der Hamburger Hauptbahnhof wird als Umsteige-Haltestelle entlastet.
Zudem sind fünf neue S-Bahn-Stationen in den östlichen Hamburger Stadtteilen und in Schleswig-Holstein geplant. Dazu kommen ergänzende Maßnahmen wie neue Lärmschutzwände, Bahnsteige, Überführungen und Tunnel. Die neue S-Bahn-Linie kostet rund 1,85 Milliarden Euro, wovon der Bund 84 Prozent trägt. Den Rest teilen sich die Länder und die Bahn zu unterschiedlichen Anteilen.

dpa-Meldung vom 6. November 2020

S4: Baustart vorerst verschoben

Seit sechs Wochen liegt eine Baugenehmigung für das erste Teilstück zwischen Hasselbrook und Wandsbek mit sofortiger Baustartwirkung vor. Nach knapp zehn Jahren Planung sollten eigentlich in der vergangenen Woche die ersten Bauarbeiten für die neue S-Bahnlinie S4 zwischen Hamburg und Bad Oldesloe beginnen. Dabei sollten erste Bäume gefällt und Baustraßen eingerichtet werden.

"Ich bin sehr zuversichtlich, dass das Gericht den Bau der S4 am Ende nicht aufhalten wird." sagte Ole Thorben Buschhüter, Sprecher unserer Initiative für Hamburg gegenüber nahverkehrhamburg.de Weiter sagte: "Ein paar Wochen Verzögerung sind nicht so schlimm."

Dieser Artikel ist im Original vom 6. Oktober 2020

 Die Deutsche PresseAgentur veröffentlicht dazu folgenden Artikel:

"Der Bau der neuen S-Bahn-Linie S4 (Ost) zwischen Hamburg-Altona und Bad Oldesloe könnte sich aufgrund einer Gerichtsentscheidung verzögern. Beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig sind Ende September im Rahmen der Klagefrist zwei Eilanträge gegen das Projekt eingegangen, wie das Gericht am Freitag der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Wann eine Entscheidung dazu getroffen wird, könne noch nicht gesagt werden.
Bis zu einer Entscheidung des Gerichts sollen nun die vorbereitenden Arbeiten der Deutschen Bahn ausgesetzt werden, sagte eine Bahn-Sprecherin am Freitag. Ursprünglich sollten unter anderem Anfang Oktober Bäume an den künftigen Baustellen-Zufahrten gefällt werden. Zuvor hatte die «Hamburger Morgenpost» berichtet.
«Entscheidungen bezüglich der Baumfällarbeiten beim Projekt S4 werden erst im Rahmen der Entscheidung über die Zulassung der Eilanträge vor dem Bundesverwaltungsgericht getroffen. Die DB hält sich selbstverständlich an die Vorgaben und wird diese Entscheidungen abwarten», sagte die Sprecherin weiter. Auch die Hamburger Verkehrsbehörde respektiert die Entscheidung des Gerichts und will die Entscheidung zum Eilantrag abwarten, wie ein Behördensprecher dazu sagte. Die Verkehrsbehörde sei nun im Austausch mit der Deutschen Bahn über das weitere Vorgehen.
Gleichzeitig betonte der Sprecher die Bedeutung des geplanten Ausbaus: «Die S4 ist für den Nahverkehr ein besonders wichtiges Projekt, gerade mit Blick auf die Mobilitätswende.» Über die geplante S4 würden rund 250 000 Menschen an den öffentlichen Nahverkehr angebunden. «Das entlastet die Straßen und den Hauptbahnhof.» Erster Bauabschnitt ist die Strecke zwischen der S-Bahn-Station Hasselbrook und der Eisenbahnunterführung Luetkensallee im Stadtteil Hamburg-Wandsbek.
Mit der S4 (Ost) werden entlang der bestehenden Bahntrasse neue Gleise gebaut und so der Fern-, Nah- und Regionalverkehr entmischt, der von Hamburg in Richtung Lübeck bislang auf den gleichen Gleisen verläuft. Der Hamburger Hauptbahnhof wird als Umsteige-Haltestelle entlastet. Zudem sind fünf neue S-Bahn-Stationen in den östlichen Hamburger Stadtteilen und in Schleswig-Holstein geplant. Dazu kommen ergänzende Maßnahmen wie neue Lärmschutzwände, Bahnsteige, Überführungen und Tunnel.
Die neue S-Bahn-Linie kostet rund 1,85 Milliarden Euro, wovon der Bund 84 Prozent trägt. Den Rest teilen sich die Länder und die Bahn zu unterschiedlichen Anteilen. Ein kleinerer Abschnitt der Strecke auf Hamburger Stadtgebiet könnte 2025 in Betrieb gehen, die gesamte Linie 2027."

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Gericht verhandelt Klagen gegen den Fehmarnbelttunnel

Folgende dpa-Meldung ging am 22. September 2020 über den Ticker:

Eines der größten Infrastrukturprojekte in Europa steht vor dem Bundesverwaltungsgericht auf dem juristischen Prüfstand.
Die Leipziger Richter verhandeln seit Dienstag die ersten von insgesamt sieben Klagen gegen das deutsch-dänische Milliardenprojekt eines Ostseetunnels im Fehmarnbelt zwischen Deutschland und Dänemark. Zum Auftakt der mündlichen Verhandlung über Klagen zweier Umweltverbände und mehrerer Fährunternehmen ging es vor allem um Verhandlungsfragen.
Der 9. Senat hat bis zu sieben Verhandlungstage für die ersten Klagen eingeplant. «Wir haben hier eine Fülle von Fragen zu besprechen», sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Bier. Zu den Umweltauswirkungen und den Verkehrsprognosen sollen zahlreiche Sachverständige gehört werden. Er werde versuchen, die verschiedenen Punkte möglichst kurz anzusprechen. «Ich appelliere an alle, das ebenso zu tun. Sonst werden wir hier ewig nicht fertig.»
Bedenken äußerte das Gericht zur Zulässigkeit der Klage der Rederei AB Nordö-Link. Das Unternehmen betreibt eine Fährverbindung zwischen Travemünde und Malmö, in einiger Entfernung vom geplanten Tunnel. Die Frage ist, inwieweit Rechte der Reederei durch das Projekt verletzt werden. Sicher gebe es «mittelbare Auswirkungen», aber es müsse eine Grenze geben, wer klagebefugt ist. «Wir haben Bedenken, dass die Grenze hier eingehalten ist», sagte Bier.

Wegen der Pandemie verhandelt der Senat nicht im historischen Gerichtsgebäude, sondern in der Kongresshalle in Leipzig. Nur so waren die 160 Beteiligten und die Zuschauer gemäß den Hygienevorgaben unterzubringen. Vor Beginn protestierten Umweltschützer am Dienstagmorgen gegen den umstrittenen Tunnelbau. Das Bündnis Beltretter forderte auf Transparenten einen Stopp des Projekts.
Der 18 Kilometer lange Ostseetunnel soll Puttgarden auf Fehmarn und Rødby auf Lolland verbinden. Durch den Tunnel am Meeresboden sollen sowohl Autos als auch Züge fahren, was die Fahrzeiten und -wege erheblich verkürzen würde. Gebaut und betrieben würde der Tunnel von Dänemark. Die dänische Projektgesellschaft Femern A/S bezifferte die Kosten für den umstrittenen Bau auf 7,1 Milliarden Euro - gerechnet mit dem Preisniveau von 2016. Für den Tunnelabschnitt in Dänemark besteht schon seit 2015 Baurecht.
Deutschland trägt nur die Kosten für den Ausbau der Hinterlandanbindung und den Ersatz der Fehmarnsundbrücke, die Schleswig-Holsteins Festland mit der Ostseeinsel verbindet. Die Bahn beziffert die Kosten auf 3,5 Milliarden Euro - inklusive 1,1 Milliarden Risikopuffer.
Der Naturschutzbund Nabu und das Aktionsbündnis gegen eine feste Fehmarnbeltquerung sehen gravierende Auswirkungen auf das Meeresschutzgebiet Fehmarnbelt sowie benachbarte Vogelschutzgebiete. Zudem bezweifeln sie grundsätzlich den Verkehrsbedarf des Milliardenprojekts. Die Fährunternehmen fürchten den Verlust von Arbeitsplätzen. Der Nabu hat knapp 100 000 Unterschriften gegen das aus seiner Sicht überdimensionierte Projekt gesammelt.

Ein Meilenstein für den Nahverkehr im Norden - grünes Licht vom EBA

Wieder ein Tag der Freude und das Wirtschaftsministerium des Landes Schleswig-Holstein schreibt dies auch heute, angesichts des "grünen Lichts" (PDF - Planfeststellungsbeschluss) vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA). Wenn alles einigermaßen glatt läuft, geht es noch dieses Jahr auf Hamburger Gebiet zwischen Hasselbrook und Luetkensallee los. Aus einer Vision wurde ein Plan und aus diesem nun endlich etwas anfassbares (siehe auch: MItteilung des S4 Projektes!

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